Ein hochkarätiger Feuerwehr-Abend in Scharbeutz mit Dr. Markus Pulm
Am 4. April 2025 fand in Scharbeutz eine eindrucksvolle Fortbildungsveranstaltung für Feuerwehrführungskräfte und Interessierte aus dem gesamten Kreisgebiet von Ostholstein statt. Unter dem Titel „Falsche Taktik – Große Schäden“ referierte Dr. Markus Pulm, Leitender Branddirektor a. D., über häufige Fehler im Einsatz und ihre teils dramatischen Konsequenzen – und zeigte gleichzeitig Wege zu mehr Effektivität und Sicherheit im Feuerwehralltag auf.

Hochrangige Gäste und starke Unterstützung
Die Veranstaltung, perfekt organisiert durch die Gemeindefeuerwehr Scharbeutz, wurde durch eine Vielzahl prominenter Gäste begleitet. Besonders hervorgehoben wurde die Teilnahme der Schirmherrin Petra Kirner, Kreispräsidentin, Bürgervorsteherin Anja Bendfeldt, sowie der Bürgermeisterin der Gemeinde Scharbeutz, Bettina Schäfer, die sich persönlich bei den Einsatzkräften für ihr Engagement bedankte.
Neben zahlreichen Führungskräften, wie dem Kreisbrandmeister Michael Hasselmann und seinem Stellvertreter Lars Wellmann, Leiter der TEL Heino Lafrenz, waren auch Gäste aus anderen Landkreisen wie Hamburg, Lauenburg und Stormarn angereist – ein Beweis für die Strahlkraft des Themas und die überregionale Relevanz der Veranstaltung.
Ein besonderer Dank galt dem Sponsor Provinzialversicherung, und Daniela Lemmer-Helms als Ansprechpartnerin, welche den Abend ebenso wie das am Folgetag geplante Führungskräftetraining großzügig unterstützte.
Weitere engagierte Sponsoren wie BRANDUNO, HAIX, die Schraner Group und DATOLUTION rundeten das Gesamtpaket ab.
Feuerwehr als Dienstleister – Bürger als Kunde?
Gleich zu Beginn rüttelte Dr. Pulm mit einem ungewöhnlichen Gedankenspiel wach: Die Feuerwehr solle sich bewusst machen, dass Bürgerinnen und Bürger im Einsatzfall auch als Kunde auftreten. Wer nachts um 3 Uhr die 112 wählt, erwartet nicht nur Hilfe, sondern auch ein professionelles Handeln – mit möglichst geringem Folgeschaden.
„Jedes Feuer geht von allein aus. Die Frage ist nur: Was bleibt am Ende übrig?“, so Pulm. Seine These: Fehlentscheidungen in der Einsatztaktik führen immer wieder zu Schäden, die vermeidbar wären – für die Betroffenen ebenso wie für die Versicherer.
Taktik kritisch hinterfragen – der Schlüssel zur Qualität
Anhand zahlreicher Praxisbeispiele – teils humorvoll, teils dramatisch – analysierte Pulm die Ursachen solcher vermeidbaren Schäden. Vom klassischen „Blumentopf auf der Fensterbank“-Beispiel über kontaminierte Schuhe im Schlafzimmer bis hin zu falsch geöffneten Rauchabschnitten in Krankenhäusern reichte die Bandbreite.
Seine zentrale Forderung: Einsatzkräfte müssen lernen, ihre eigene Taktik konsequent zu hinterfragen. Qualität im Einsatz bedeute nicht nur, das Feuer schnell zu löschen, sondern den Gesamtschaden zu minimieren – materiell, gesundheitlich, juristisch und psychologisch.
Menschenleben, Sachwerte, Einsatzsicherheit
Ein besonderer Fokus des Vortrags lag auf dem Spannungsfeld zwischen Menschenrettung, Sachschutz und Eigenschutz. Pulm stellte klar: Keine Rettung um jeden Preis. Einsatzleiter*innen müssten abwägen – etwa bei Gefahr für die eigenen Kräfte oder bei extrem unklarer Überlebenswahrscheinlichkeit. Gleichzeitig warnte er vor der voreiligen Aufgabe von Menschenrettung – immer wieder habe er erlebt, dass vermeintlich „sicher Tote“ überlebten.
Einprägsam auch sein Appell: „Lass Dich nicht von Dynamik treiben – stabilisiere die Lage!“ Oft werde durch hektisches Handeln – wie das vorschnelle Öffnen einer Kellertür – erst die gefährliche Lage erzeugt.








Wirtschaftliche Folgen und versicherungsrelevante Schäden
Dr. Pulm analysierte ebenso die betriebswirtschaftlichen Folgen von Brandeinsätzen. Anhand realer Fälle erläuterte er, wie Produktionsausfälle, Maschinenkontamination oder Stillstandsketten zu Schäden in Millionenhöhe führen können – obwohl der Brand selbst vergleichsweise klein war.
„43 % aller Betriebe nehmen den Betrieb nach einem größeren Brandschaden nie wieder auf.“ Diese alarmierende Zahl unterstreicht die Bedeutung taktisch kluger Einsätze – auch im Sinne der regionalen Wirtschaft und der Arbeitsplatzsicherung.
Ausbildung, Führung, Übungspraxis
Pulm machte deutlich, dass moderne Feuerwehrarbeit eine ständige Reflexion und Weiterentwicklung benötigt. Klassische Leitsätze wie „Das haben wir schon immer so gemacht“ seien gefährlich. Stattdessen müsse gezielt an Ausbildung, Führungsverhalten und Übungsszenarien gearbeitet werden.
Er plädierte für qualifizierte Angriffe – etwa durch Fenstervorgehen, Rauchabschnitts-Taktik oder den bewussten Einsatz von Lüftern, Löschlanzen und Cobra-Systemen. Ebenso wichtig sei die Schulung der Führungskräfte im ruhigen, überlegten Handeln, besonders unter Zeitdruck und in unklaren Lagen.
„Tür zulassen ist auch eine Maßnahme.“
Eine wiederkehrende Botschaft des Abends war die scheinbar einfache, aber in ihrer Wirkung tiefgreifende Erkenntnis: Nicht jede Tür muss sofort geöffnet werden. Manchmal reicht es, den Treppenraum zu kontrollieren, Türen zu schließen, zu lüften – und mit Ruhe zu analysieren, bevor man handelt.
Pulm betonte: „Der erste Fehler entscheidet – und wir haben oft nur einen Schuss.“ Gerade kleine Wehren mit begrenzter Personalstärke müssten sich bewusst sein, wie entscheidend die erste Maßnahme für den Gesamterfolg ist.
Menschlichkeit und Realität im Blick behalten
Bei allem taktischen Anspruch erinnerte Pulm immer wieder daran, dass Feuerwehrarbeit zutiefst menschlich ist. Die Begegnung mit älteren Menschen im Einsatz, mit Angehörigen oder traumatisierten Betroffenen verlangt ein sensibles, respektvolles Auftreten. Auch darin liegen Qualität – und Vertrauen in die Feuerwehr als Organisation.
Fazit des Abends: Mehr als nur ein Vortrag
Der Abend in Scharbeutz war mehr als nur eine Fortbildung. Es war ein Denkanstoß, ein Appell und eine Würdigung der täglichen Arbeit der Feuerwehrfrauen und -männer. Die vielen Impulse von Dr. Markus Pulm trafen auf offene Ohren – nicht zuletzt, weil sie fundiert, praxisnah und mit Leidenschaft vermittelt wurden.
Die Veranstaltung hat eindrucksvoll gezeigt: Feuerwehr ist kein Handwerk von gestern. Sie ist ein modernes System, das Denken, Lernen und Teamgeist verlangt.
Dank und Anerkennung
Ein besonderer Dank gilt der Gemeindefeuerwehr Scharbeutz für die perfekte Organisation – von der Technik über das Catering bis hin zur Begleitung der Gäste. Ebenso wurde die Gastfreundschaft und das Engagement der Bürgermeisterin, der Schirmherrin und aller helfenden Hände ausdrücklich gewürdigt.
Großer Dank gebührt auch den Sponsoren, ohne die eine Veranstaltung dieses Formats nicht möglich gewesen wäre:
Die Provinzialversicherung, BRANDUNO, HAIX, Schraner Group und DATOLUTION haben mit ihrer Unterstützung einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung der Feuerwehren geleistet.