Am Samstag, den 13. September 2025, fand bei der Gemeindefeuerwehr Scharbeutz ein besonderes Seminar statt: Unter dem Titel „Entwicklung von Organisationsstrukturen bei der Feuerwehr“ stellte Dozent Hermann Spanner seine Erfahrungen und Ansätze vor.
Spanner, selbst viele Jahre Wehrführer in Bayern und später bei der Berufsfeuerwehr München tätig, kennt die Herausforderungen der Feuerwehren aus dem Alltag nur zu gut. Überlastete Wehrführungen, unklare Aufgabenverteilungen und wachsende Anforderungen im Einsatz- wie auch im Verwaltungsbereich prägen vielerorts das Bild. Genau hier setzte sein Seminar an.
Feuerwehren lieben Strukturen – brauchen aber neue Ansätze
„Feuerwehren lieben Strukturen, doch falsche oder fehlende Strukturen führen schnell zur Überlastung einzelner Personen“, so Spanner. Der Wandel in Gesellschaft und Technik macht es notwendig, bestehende Organisationsformen zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.
- Demografie und Gesellschaft: Weniger junge Menschen, veränderte Arbeitszeiten, Individualisierung und steigende Erwartungen der Bevölkerung stellen Feuerwehren vor neue Aufgaben.
- Einsatz und Verwaltung: Komplexere Technik, neue Vorschriften und zusätzliche Dokumentationspflichten erhöhen den Aufwand erheblich.
- Ehrenamt im Spannungsfeld: Feuerwehrführungskräfte müssen Familie, Beruf und Freizeit mit ihrer Funktion in Einklang bringen – eine Herausforderung, die klare Strukturen verlangt.
Vom Eisberg der Aufgaben und der „Wolke“ unklarer Zuständigkeiten
Spanner verdeutlichte mit eindrücklichen Bildern: Sichtbar sind für die Öffentlichkeit meist nur Einsätze und Veranstaltungen. Unsichtbar bleibt jedoch der Großteil der Arbeit – von Verwaltung und Ausbildung über Beschaffung bis hin zu Datenschutz, Öffentlichkeitsarbeit oder IT.
Viele dieser Aufgaben sind nicht gesetzlich definiert und hängen in einer „Wolke“ oft an einzelnen Kamerad:innen. Das birgt die Gefahr, dass Wissen und Verantwortung auf wenigen Schultern lasten und bei Ausfällen ganze Bereiche ins Stocken geraten.
Organisationsentwicklung als Daueraufgabe
Das Seminar machte klar: Organisationsentwicklung ist kein Projekt für „nebenbei“, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Ob klassische Hierarchie, flache Strukturen, Matrix- oder Hybridmodelle – entscheidend ist, dass Zuständigkeiten klar geregelt sind, Rollen statt Personen im Mittelpunkt stehen und Redundanzen geschaffen werden.
Besonders wichtig: breite Beteiligung. Politische Rückendeckung, Einbindung der Führungskräfte und transparente Kommunikation erhöhen Akzeptanz und Nachhaltigkeit.
Personal gewinnen – anders fragen
Ein weiterer Schwerpunkt war die Frage, wie Personal für Funktionen gewonnen werden kann. Spanner empfiehlt, die Perspektive zu wechseln: Statt „Willst du dich engagieren?“ sollte es heißen „Wo willst du dich einbringen?“. So werden Einsatz- und Innendienstfunktionen gleichwertig dargestellt, und jedes Mitglied kann seinen Platz finden.
Erfahrungen zeigen: Diese Herangehensweise steigert Motivation, fördert die Bindung und entlastet Führungskräfte spürbar.














Begeisterung für ein wichtiges Zukunftsthema
Die Veranstaltung in Scharbeutz war nicht nur ein theoretischer Input, sondern bot Raum für Diskussion, Austausch und Reflexion. Neben den Führungskräften der Gemeindefeuerwehr waren auch Bürgermeisterin Bettina Schäfer, Vertreter:innen des Ordnungsamtes und des Brandschutzausschusses anwesend – ein klares Signal, wie wichtig das Thema auf kommunaler Ebene ist.
Das Fazit vieler Teilnehmender: Die Auseinandersetzung mit Strukturen ist zwar herausfordernd, eröffnet aber große Chancen, die Feuerwehren zukunftsfest aufzustellen.
Ausblick
Hermann Spanner wird seine Ansätze 2026 in einem Buch veröffentlichen. Schon jetzt zeigte das Seminar in Scharbeutz: Strukturen sind kein Selbstzweck, sondern Schlüssel für eine funktionierende, entlastende und zukunftsfähige Feuerwehrorganisation.
Der Workshop machte Lust, auch in anderen Wehren ähnliche Prozesse anzustoßen – denn die Herausforderungen sind überall spürbar.
Mit klaren Strukturen, offener Diskussion und gemeinsamer Verantwortung können Feuerwehren gestärkt in die Zukunft gehen.